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Künstliche Intelligenz in der Qualitätssicherung: Chancen und Grenzen

Künstliche Intelligenz verändert die Qualitätssicherung. Erfahren Sie, wie KI-Prüfsysteme in der Industrie eingesetzt werden, welche Chancen sie bieten, wo ihre Grenzen liegen – und wann sich KI-gestütztes Outsourcing für Unternehmen wirklich lohnt.

KI prüft die Qualität eines Produkts
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Die Zukunft der Qualitätssicherung ist datenbasiert, lernfähig und schneller als der Mensch. Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert Prozesse in der Industrie und ist dabei, die Qualitätssicherung von Grund auf zu verändern. Von der automatisierten Sichtprüfung über die Prozessdatenanalyse bis zur intelligenten Fehlervermeidung eröffnet sie Unternehmen neue Wege zur Effizienzsteigerung.
Doch der Hype täuscht oft darüber hinweg, wie komplex, datenhungrig und sensibel diese Technologie in der Praxis ist. Denn: KI ist weder Plug & Play, noch ein Ersatz für Erfahrung, Prozesskenntnis oder Qualitätsbewusstsein.
Dieser Beitrag beleuchtet, wie KI in der Qualitätssicherung hilfreich eingesetzt werden kann und wo ihre echten Grenzen liegen.

Warum Qualitätssicherung KI gebrauchen kann

In der industriellen Fertigung spielt die Qualitätssicherung eine zentrale, oft unterschätzte Rolle. Sie entscheidet nicht nur über die Unterscheidung von Gut- und Ausschussprodukten, sondern beeinflusst auch Kundenbindung, Liefertreue und die Vermeidung teurer Rückrufaktionen.
Die Anforderungen an die Qualitätssicherung steigen stetig, bedingt durch zunehmende Produktkomplexität und Variantenvielfalt, engere Toleranzen, höhere Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit sowie Kostendruck und Fachkräftemangel in der Prüf- und Messtechnik. Zudem verschärfen regulatorische Auflagen und die Notwendigkeit zur Auditfähigkeit den Druck weiter. Vor diesem Hintergrund stoßen klassische QS-Modelle, die auf manueller Sichtkontrolle, Dokumentation und stichprobenartiger Prüfung beruhen, zunehmend an ihre Grenzen. Könnte KI hier nicht helfen?

Wo Künstliche Intelligenz ansetzt und wie sie funktioniert

Künstliche Intelligenz, auch im Kontext der Qualitätssicherung, bedeutet: Maschinen lernen durch Erfahrung. Auf Basis großer Datenmengen, z. B. Bilder, Prozessparameter oder auch Fehlerhistorien, entwickeln Algorithmen die Fähigkeit, Abweichungen zu erkennen, Muster zu interpretieren und Entscheidungen zu treffen.

Dabei kommen vor allem folgende KI-Technologien zum Einsatz:

  • Neuronale Netze / Deep Learning: für visuelle Prüfungen (z. B. Kratzer, Verformungen, Farbabweichungen)
  • Machine Learning / Anomalie-Erkennung: zur Analyse von Prozessdaten (z. B. Temperaturverläufe, Druck, Stromverbrauch)
  • Predictive Quality: KI erkennt schleichende Trends, bevor ein Fehler sichtbar wird
  • Natural Language Processing (NLP): für automatisierte Berichte und Dokumentationen aus Datenquellen

In der Praxis heißt das:
Eine Kamera sieht nicht nur – sie versteht. Ein Prozesssystem meldet nicht nur einen Fehler, es warnt, bevor dieser entsteht.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Hersteller von Kunststoffkomponenten führte ein KI-gestütztes Kamerasystem zur Sichtprüfung ein.
Ziel: Erkennung von feinen Oberflächenrissen, die bisher nur unregelmäßig entdeckt wurden.
Nach einem mehrwöchigen Trainingszeitraum mit über 10.000 Bildpaaren erkannte das System zuverlässig über 98 % der Fehlerbilder und reduzierte gleichzeitig die Prüfzeit um 60 %. Die Mitarbeiter wurden geschult, Grenzfälle zu validieren und das System bei Bedarf nachzutrainieren.

Der QS-Leiter zog hier ein klares Fazit:

„Die KI übernimmt heute die Routineprüfung. Unsere Leute fokussieren sich auf die größeren Problemfälle und die Verbesserung der Prozesse.“

Die Chancen von KI in der Qualitätssicherung

Künstliche Intelligenz bringt nicht nur Effizienz, sondern verändert die Qualitätssicherung strukturell.
Zu den größten Vorteilen gehören:

  • 100 %‑Prüfung statt Stichprobe – KI kennt keine Müdigkeit, kein Schichtwechsel, kein Tageslichtproblem.
  • Deutliche Reduktion von Ausschuss – Frühwarnsysteme greifen, bevor Fehler überhaupt entstehen.
  • Beschleunigte Prozesse – Prüfung wird Teil des Flusses, nicht mehr Engpass oder „Flaschenhals“.
  • Revisionssichere Dokumentation – automatische, lückenlose Datenerfassung und Rückverfolgbarkeit.
  • Neue Rollenprofile – Fachkräfte werden nicht ersetzt, sondern gezielt entlastet.

Die Grenzen von KI in der Qualitätssicherung

Trotz der vielen Potenziale darf man die Einführung nicht unterschätzen. Viele Unternehmen erleben eine gewisse Ernüchterung, wenn erste Projekte stocken.
Die häufigsten Stolpersteine:

  • Fehlende oder unstrukturierte Daten: Ohne historische Fehlerbilder, Prozessdaten oder klare Zielwerte kann kein Algorithmus sinnvoll lernen.
  • Zu hohe Erwartungshaltung: KI ist kein Allrounder. Sie erkennt, was sie gelernt hat – aber nichts darüber hinaus. Unbekannte Fehler? Problematisch.
  • Black Box vs. Auditpflicht: In regulierten Branchen muss jede Entscheidung nachvollziehbar sein. Viele KI-Modelle sind nicht transparent genug für Zertifizierungen oder Audits.
  • Hoher Trainings- und Pflegeaufwand: Gerade in variantenreichen Produktionen muss ein System laufend angepasst werden. Ohne Ressourcen kann das zum Bottleneck werden.

Was erfolgreiche KI-Projekte in der Qualitätssicherung auszeichnet

Viele Unternehmen starten mit großen Erwartungen in KI-Projekte, doch nicht alle führen zum Erfolg. Was unterscheidet diejenigen, die KI erfolgreich in der Qualitätssicherung etablieren, von denen, die auf halbem Weg scheitern?

Drei entscheidende Erfolgsfaktoren sorgen dafür, dass KI-Projekte nachhaltig wirken

In erfolgreichen Projekten tauchen immer wieder drei Muster auf:

Prozessorientierung statt Technologiebegeisterung

Statt einfach „KI einzuführen, weil es gerade modern ist“, steht am Anfang die Frage: Wo genau schafft KI echten Mehrwert? Wer seine Prozesse genau kennt und gezielt dort ansetzt, spart Zeit, Kosten und vermeidet Fehlentwicklungen.

Pilotprojekte statt flächendeckender Einführung

Kleine, klar definierte Anwendungsfälle mit messbaren Ergebnissen schaffen Vertrauen und praktische Erfahrungen – bei den Anwendern ebenso wie im Team. So werden die Grundlagen für eine spätere Skalierung gelegt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Erfolgreiche KI-Lösungen entstehen, wenn Fachbereiche wie Qualitätssicherung, IT, Produktion und externe Experten gemeinsam an der Lösung arbeiten. Nur so werden Technik und Praxis sinnvoll verknüpft und das System im Alltag nutzbar.

Outsourcing 2.0: Qualitätssicherung mit KI

Die Qualitätssicherung steht vor neuen Herausforderungen: steigende Komplexität, wachsender Kostendruck und ein Mangel an Fachpersonal machen klassische Prüfprozesse zunehmend ineffizient. Gleichzeitig bietet Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten, Prüfaufgaben automatisiert, zuverlässig und in Echtzeit durchzuführen.
Gerade für mittelständische Unternehmen kann es sinnvoll sein, diese Technologien nicht selbst aufzubauen, sondern gezielt als Dienstleistung zu nutzen. Beim KI-gestützten Outsourcing übernimmt ein externer Partner nicht nur die Prüfung, sondern auch das Training und die Pflege der Systeme sowie die prozessnahe Rückmeldung der Ergebnisse, direkt integriert in die bestehende Fertigung.
So entsteht ein hybrides Modell: menschliches Know-how trifft auf algorithmische Präzision. Unternehmen profitieren von moderner Technologie ohne hohe Einstiegshürden und sichern gleichzeitig ihre Qualitätsstandards. Entscheidend ist dabei, dass Verantwortung und Transparenz erhalten bleiben. Denn erfolgreiche Qualitätssicherung mit KI verlangt Partnerschaft, nicht nur Auslagerung.

Fazit: Qualität braucht Technologie, aber auch Haltung

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Qualitätssicherung grundlegend zu verändern. Sie prüft schneller, flächendeckender und objektiver. Sie reduziert Ausschuss, steigert die Effizienz und sorgt für echte Transparenz.
Aber sie ist kein Selbstzweck. Sie ist kein Ersatz für Qualität. Und sie verlangt nach Prozessorientierung, Geduld und einem klaren Ziel.
Die Zukunft gehört also den Unternehmen, die KI nicht als Trend begreifen, sondern als Werkzeug für echte Prozessverbesserung.

FAQs

Häufig gestellte Fragen zum Thema KI in der Qualitätssicherung

Andreas Klug

Andreas Klug

Prokurist, Business Development

Über 40 Jahre Erfahrung

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